97. Helmholtz Open Science Newsletter
Ausgabe vom 19. April 2023
Liebe Open-Science-Interessierte,
dies ist der 97. Helmholtz Open Science Newsletter des Helmholtz Open Science Office. In diesem Newsletter geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen zum Thema Open Science.
Leiten Sie den Newsletter gerne weiter.
- 1. Europäischer Rat: Entwurf einer Schlussfolgerung zur Reform des wissenschaftlichen Publizierens
- 2. open-access.network veröffentlicht Erhebungen zum Stand von Open Access
- 3. Bundesverfassungsgericht kündigt Entscheidung zur Verpflichtung zur Nutzung des Zweitveröffentlichungsrechts an
- 4. Crossref Participation Reports: Verbesserungspotentiale in Metadaten von Publikationen
- 5. Start der NFDI-Konsortien der dritten Ausschreibungsrunde
- 6. Föderierte Dateninfrastrukturen für die Wissenschaft – Bericht des RfII zu NFDI, EOSC und Gaia-X
- 7. DMP4CS – Datenmanagementpläne für Citizen Science
- 8. Bericht: Software Citation Workshop 2022
- 9. FIZ Karlsruhe und KIT erforschen die digitale Transformation der Wissenschaft
- 10. Rückblick: 2. Helmholtz-Workshop zu Reproducibility
- 11. Rückblick: RDA 20. Plenary und RDA Deutschland Tagung 2023
- 12. In eigener Sache: Verstärkung für das Helmholtz Open Science Office
- Save the Dates
- Literaturempfehlungen
- Impressum & Lizenz
- Auf dem Laufenden bleiben
1. Europäischer Rat: Entwurf einer Schlussfolgerung zur Reform des wissenschaftlichen Publizierens
Nachdem 2022 Frankreich im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft das Thema Open Science gestärkt hatte, ist Open Science nun auch als Thema im ersten Halbjahr 2023 im Rahmen der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft gesetzt. Der aus ersten Beratungen im Februar 2023 resultierende erste Entwurf einer Schlussfolgerung zur Reform des wissenschaftlichen Publizierens wurde inzwischen geleakt und ist öffentlich aufrufbar. Der Entwurf nimmt die zahlreichen vorangegangenen Beschlüsse auf und fordert, dass Open Access ohne Gebühren für Autorinnen und Autoren zum Standardmodus im Publikationswesen werden soll und trägt damit der Herausforderung Rechnung, dass die Transformation des wissenschaftlichen Publikationswesens die Ströme der Finanzierung verlagert. Neben vielen weiteren Aspekten wird in den 23 Schlüsselaussagen des Entwurfs die Bedeutung von Peer Review, als Grundlage von Validität und Qualität, betont und auch die Anwendung der FAIR-Prinzipien gefordert. Es bleibt abzuwarten, welche überarbeitete Endfassung, voraussichtlich im Juni 2023, verabschiedet und publiziert werden wird.
2. open-access.network veröffentlicht Erhebungen zum Stand von Open Access
Im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts open-access.network konnten mehrere qualitative Erhebungen zur Wahrnehmung und zum Stand der Umsetzung von Open Access durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, u. a. aus Interviews mit Open-Access-Expert:innen und Wissenschaftler:innen und aus der Auswertung von Online-Befragungen, wurden jetzt in sechs Einzelberichten im Open Access veröffentlicht, die hier zu finden sind.
Zu den Themen der Erhebungen gehörten mögliche Hindernisse für die Umsetzung von Open Access in einigen Wissenschaftsdisziplinen mit bisher relativ geringem Open-Access-Anteil, wie Maschinenbau, Chemie oder Rechtswissenschaften, außerdem Anforderungen an offene Open-Access-Infrastrukturen und die Bewertung von Open-Access-Angeboten und Fördermaßnahmen. Das Helmholtz Open Science Office ist als Projektpartner an open-access.network beteiligt.
3. Bundesverfassungsgericht kündigt Entscheidung zur Verpflichtung zur Nutzung des Zweitveröffentlichungsrechts an
Das Bundesverfassungsgericht hat für dieses Jahr eine Entscheidung zum „Normenkontrollantrag des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, ob § 44 Abs. 6 des Landeshochschulgesetz gegen Art. 71, Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG verstößt“ angekündigt. Mit der Entscheidung soll geklärt werden, ob Baden-Württemberg als Gesetzgeber das Recht hat, Angehörige der Hochschulen des Landes dazu zu verpflichten, möglicherweise bestehende Zweitveröffentlichungsrechte basierend auf § 38(4) auch auszuüben. Erläuterungen zu dieser angekündigten Entscheidung finden Sie hier. Im kürzlich erschienenen Artikel „Zweitveröffentlichungsrecht und Causa Konstanz: Bundesverfassungsgericht vor Entscheidung” gibt zudem iRights.info einen Überblick zur aktuellen Situation und Historie.
4. Crossref Participation Reports: Verbesserungspotentiale in Metadaten von Publikationen
Eines der Hauptanliegen des Digital Object Identifier (DOI)-Registrierungsdienstes Crossref ist es, die automatisierte Verlinkung von zitierenden und zitierten Publikationen verschiedenster wissenschaftlicher Verlage zu gewährleisten. Dabei spielt die Bereitstellung möglichst umfangreicher Metadaten eine wichtige Rolle. Diese können die Auffind- und Sichtbarkeit wissenschaftlicher Publikationen und Forschender, auch über Crossref hinaus deutlich verbessern. Mit den Participation Reports bietet Crossref seinen Mitgliedern (meist Verlagen) die Möglichkeit, Umfang und Qualität der von Ihnen bereitgestellten Metadaten auf verschiedenen Ebenen, bspw. auf Verlags- oder Zeitschriften-Ebene, zu eruieren. Damit sollen den Mitgliedern mögliche Verbesserungspotentiale für die Aufbereitung der von ihnen bereitgestellten Metadaten aufgezeigt werden. Neben dem Vorhandensein von Referenzen und Abstracts wird u. a. die Integration von ORCID oder Lizenz-URLs in die Metadaten der registrierten Publikationen überprüft.
5. Start der NFDI-Konsortien der dritten Ausschreibungsrunde
Seit März 2023 werden acht weitere Konsortien im Rahmen der dritten und letzten Antragsrunde der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) gefördert. Ihre Aufnahme wurde auf Empfehlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im November 2022 von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) beschlossen und erweitert die NFDI auf 27 Konsortien. Mit Hilfe der NFDI sollen wertvolle Datenbestände aus der Forschung für das deutsche Wissenschaftssystem systematisch erschlossen und verfügbar gemacht werden.
Sieben der acht ausgewählten Konsortien werden mit Helmholtz-Beteiligung realisiert:
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Base4NFDI – Basisdienste für die NFDI
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FAIRagro – FAIRe Dateninfrastruktur für die Agrosystemforschung
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NFDI4BIOIMAGE – Nationale Forschungsdateninfrastruktur für Mikroskopie und Bildanalyse
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NFDI4Energy – Nationale Forschungsdateninfrastruktur für die interdisziplinäre Energiesystemforschung
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NFDI4Immuno – Nationale Forschungsdateninfrastruktur für Immunologie
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NFDI4Memory – Konsortium für historisch arbeitende Geisteswissenschaften (ohne Helmholtz-Beteiligung)
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NFDI4Objects – Forschungsdateninfrastruktur für die materiellen Hinterlassenschaften der Menschheitsgeschichte
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NFDIxCS – Nationale Forschungsdateninfrastruktur für und mit Computer Science
6. Föderierte Dateninfrastrukturen für die Wissenschaft – Bericht des RfII zu NFDI, EOSC und Gaia-X
Aus dem exponentiellen Wachstum von digitalen Daten in allen Lebens- und Arbeitsbereichen hat sich ein hoher Bedarf an geeigneten Daten- und Informationsinfrastrukturen auf verschiedenen Ebenen – institutionell, regional, national, transnational, europäisch und international – sowie für unterschiedliche Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ergeben. Der Rat für Informationsinfrastrukturen (RfII) bietet in seinem aktuellen Bericht „Föderierte Dateninfrastrukturen für die wissenschaftliche Nutzung“ einen Überblick zu drei zentralen Initiativen – der Nationalen Forschungsdateninfrastrukturen (NFDI), der European Open Science Cloud (EOSC) und der transnationalen Gaia-X Association for Data and Cloud, indem er ihre jeweilige Entstehungsgeschichte, ihre Strukturen und grundlegenden Ziele in einer vergleichenden Analyse gegenüberstellt und offene Fragen für die weitere Entwicklung identifiziert.
Der Arbeitsbericht richtet sich sowohl an wissenschaftliche Nutzerinnen und Nutzer als auch an Betreiber:innen von Dateninfrastrukturen, Förderorganisationen, Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Er wird als Diskussionsgrundlage auf der anstehenden Herrenhäuser-Konferenz „Datenräume in Deutschland und Europa gestalten – Impulse der Wissenschaft“ am 24. bis 25. April 2023 in Hannover dienen.
7. DMP4CS – Datenmanagementpläne für Citizen Science
Citizen Science ist ein stetig wachsendes Feld in Open Science und ermöglicht es der Öffentlichkeit an wissenschaftlichen Forschungsprojekten zu partizipieren. Um eine hohe Forschungsdatenqualität zu sichern, startete im September 2022 das Kooperationsprojekt DMP4CS (Developing an on-demand, digital tool for creating data management plans in crowdsourcing projects) gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) und dem Museum für Naturkunde Berlin (MfN). Ziel ist es, ein bedarfsgerechtes und anwenderfreundliches Werkzeug für die Erstellung von Datenmanagementplänen (DMP), angepasst an die speziellen Anforderungen von Citizen-Science-Projekten, zu entwickeln. Im Fokus steht die Realisierung eines effektiven und transparenten Datenmanagements, welches die Erstellung, Verarbeitung, Sicherung und Veröffentlichung der Forschungsdaten definiert und dokumentiert.
8. Bericht: Software Citation Workshop 2022
Die Ergebnisse einer Reihe von Workshops, die im Sommer 2022 zum Thema Software-Zitation von der Wolbach Library veranstaltet wurden, sind nun in einem Paper veröffentlicht worden. Neben Forschenden aus der Informatik waren auch Vertreter:innen aus Bibliotheken, Museen und Archiven anwesend. Ebenso war das Forschungszentrum Jülich an der Aufbereitung der Ergebnisse beteiligt. In den Workshops ging es darum, das Zitieren von Software aus unterschiedlichen Perspektiven zu verstehen und Barrieren zur Implementierung von Metadatenstandards zu identifizieren. Zukünftige Bestrebungen für bessere Software-Zitationsstandards sollen außerdem durch die FORCE11 Software Citation Implementation Working Group vorangebracht werden.
9. FIZ Karlsruhe und KIT erforschen die digitale Transformation der Wissenschaft
Im März 2023 hat der Senat der Leibniz-Gemeinschaft die Förderung für einen gemeinsamen WissenschaftsCampus „Digital Transformation in Research“ (DiTraRe) des FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur und des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf zunächst 4 Jahre bewilligt. Der Campus organisiert sich in vier Forschungscluster, die das Thema der digitalen Transformation der Wissenschaft in konkreten wissenschaftlichen Anwendungsfällen untersuchen. Auf diese Weise sollen die Auswirkungen der zunehmenden Digitalisierung des wissenschaftlichen Arbeitens interdisziplinär beforscht und konkrete Lösungen erarbeitet werden.
Forschungsmethoden, ihre Ergebnisse sowie Kommunikation in Wissenschaft und Gesellschaft werden zunehmend durch Digitalisierungsprozesse geprägt. Auch die Realisierung von Open Science fußt auf diesem kulturellen und technologischen Wandel. Transparente und reproduzierbare Erkenntnisprozesse in der Wissenschaft sind dabei ausschlaggebend, um das Vertrauen in die Forschung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zu stärken.
10. Rückblick: 2. Helmholtz-Workshop zu Reproducibility
Der zweite Helmholtz-weite Workshop zu Reproduzierbarkeit „Love your data? Make it reproducible! - A workshop on reproducibility in data science” wurde am 14. Februar 2023 von HiDA (Helmholtz Information & Data Science Academy) und dem Helmholtz Open Science Office organisiert. Die rund 120 engagierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer verdeutlichten das große Interesse in Helmholtz und darüber hinaus am Thema Reproduzierbarkeit, insbesondere an der Nutzung und Zitierung von Software sowie Best Practices im Bereich Data Science.
Die beiden Keynotes, die den praktischen Sitzungen vorausgingen, wurden aufgezeichnet und sind verfügbar:
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„Reproducibility and Open Science” von Bernadette Fritzsch: Video und Folien
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„Reproducibility in the context of AI in health care” von Tingying Peng and Sophia Wagner: Video und Folien
Die drei Workshop-Sitzungen sind dokumentiert:
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„Data and reproducibility management with DataLad” von Adina Wagner
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„Practical steps towards reproducible science” von Heidi Seibold
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„Software Citation- Current Practice and Recent Developments” von Tobias Schlauch (und Begleitpad)
11. Rückblick: RDA 20. Plenary und RDA Deutschland Tagung 2023
Vom 21. bis 23. März 2023 feierte die Research Data Alliance ihr 10-jähriges Jubiläum in Göteborg, Schweden, und kehrte damit an den Ort zurück, an dem die RDA im März 2013 ins Leben gerufen wurde. Auf der dreitägigen hybriden Konferenz, die Forschende, Datenwissenschaftler:innen, politische Entscheidungsträger:innen und Data Stewards aus verschiedenen Disziplinen aus der ganzen Welt zusammenbrachte, standen erneut neue Ideen, aber auch bewährte Verfahren rund um die Nutzung, Kuration und Zugänglichkeit von Forschungsdaten im Mittelpunkt. Alle Aufzeichnungen werden ab dem 1. Mai 2023 über die RDA-Website offen zugänglich sein. Im Vorfeld der Konferenz organisierte DataCite ein Vernetzungstreffen zum Thema „Nationale PID- und Forschungsdatenstrategien”, in dessen Rahmen unsere Kollegin Antonia Schrader zum Stand der PID-Landschaft in Deutschland berichtete. Mehr dazu hier.
Einen Monat zuvor fand, vom 13. bis 17. Februar 2023, die RDA Deutschland Tagung statt, die alljährlich vom RDA Deutschland e.V. in Kooperation mit dem Helmholtz Open Science Office und der Georg-August-Universität Göttingen organisiert wird. Das Helmholtz Open Science Office verantwortete innerhalb der Tagung die beiden Sessions Enabling reproducibility in (data) science (auf Englisch) und Persistent Identifier für FAIRe Forschungsdaten (auf Deutsch). Alle Session sind auf der Veranstaltungsseite dokumentiert.
12. In eigener Sache: Verstärkung für das Helmholtz Open Science Office
Das Helmholtz Open Science Office hat Verstärkung bekommen und heißt Steffi Genderjahn, Marcel Meistring und Lena Messerschmidt herzlich willkommen im Team!
Sie werden fortan das Helmholtz Open Science Office in der Weiterentwicklung und der operativen Betreuung des Themas Open Science innerhalb von Helmholtz sowie in unseren Netzwerken darüber hinaus unterstützen. Auch werden Sie an den kürzlich gestarteten DFG-Projekten PID Network Deutschland und Transform2Open mitwirken.
Literaturempfehlungen
Eckmann, P., & Bandrowski, A. (2023). PreprintMatch: a tool for preprint to publication detection shows global inequities in scientific publication. PLOS ONE, 18(3), e0281659. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0281659
Franzen, D. L., Carlisle, B. G., Salholz-Hillel, M., Riedel, N., & Strech, D. (2023). Institutional dashboards on clinical trial transparency for University Medical Centers: a case study. PLOS Medicine, 20(3), e1004175. https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1004175
Grimm, T., & Holzer, A. (2023). Wissenschaftliches Publizieren und Wissenschaftsbewertung: Die aktuelle Position der Deutschen Forschungsgemeinschaft. RuZ - Recht und Zugang, 3(2), 96–105. https://doi.org/10.5771/2699-1284-2022-2-96
Herb, U., Castro, P. de, Rothfritz, L., & Schöpfel, J. (2023). Building the plane as we fly it: the promise of Persistent Identifiers. Knowledge Exchange. https://doi.org/10.5281/zenodo.7258286
Klump, J., Fils, D., Devaraju, A., Ramdeen, S., Robertson, J., Wyborn, L. and Lehnert, K., (2023). Scaling identifiers and their metadata to gigascale: an architecture to tackle the challenges of volume and variety. Data Science Journal, 22(1), p.5. DOI: http://doi.org/10.5334/dsj-2023-005
Laakso, M., & Multas, A.-M. (2023). European scholarly journals from small- and mid-size publishers: mapping journals and public funding mechanisms. Science and Public Policy, scac081. https://doi.org/10.1093/scipol/scac081
Macgregor, G., Lancho-Barrantes, B. S., & Pennington, D. R. (2023). Measuring the concept of PID literacy: User perceptions and understanding of PIDs in support of open scholarly infrastructure. Open Information Science, 7(1). https://doi.org/10.1515/opis-2022-0142
Mathiak, B., Juty, N., Bardi, A., Colomb, J., & Kraker, P. (2023). What are researchers’ needs in data discovery? Analysis and ranking of a large-scale collection of crowdsourced use cases. Data Science Journal, 22(1), 3. https://doi.org/10.5334/dsj-2023-003